S, L oder wirklich XXL?

Generalsanierung: Lies kündigt schriftliche Vereinbarung mit Bund und Bahn an

Christopher Menge

CELLE. 64 Maßnahmen hat die Arbeitsgruppe „XXL-Anteile“, bestehend aus Mitarbeitern des Landes, der Landesnahverkehrsgesellschaft und der Deutschen Bahn, erarbeitet. Sie sollen im Rahmen der Generalsanierung der Bestandsstrecke Hamburg–Hannover 2029 zusätzlich umgesetzt werden, um die Kapazität zu steigern. Bahnsteigverlängerungen und -neubauten sind geplant, Gleisverlängerungen, Elektrifizierung, Lärmschutz, zusätzliche Überleitstellen sowie Überhol- und Nebengleise. Wie Vertreter der Bahn am Freitag beim Statustreffen Alpha E im Celler Tor in Groß Hehlen vorstellten, würden diese Maßnahmen 20 Kilometer neue Gleise und 100 neue Weichen bedeuten. Doch ist das dann wirklich eine Sanierung XXL oder müsste man eher von der Größe S oder maximal L sprechen?

Nach der „Sanierung XXL“ könnten auf dem Abschnitt zwischen Lüneburg und Uelzen nach der Berechnung der Deutschen Bahn etwa 200 Züge zwischen 6 und 22 Uhr verkehren, derzeit sind es 185. Für 2030 wurde mal ein Bedarf von 385 prognostiziert, doch die Verkehrsprognose scheint längst überholt zu sein. Die Prognose für 2040 soll im zweiten Halbjahr 2024 veröffentlicht werden. „Wir warten auf die neue Verkehrsprognose“, sagte Jan Lange von der DB Netz. Das sei eine wesentliche neue Basis.

2026 soll es eine kleine „fokussierte Sanierung“ geben, 2029 dann die Sanierung XXL. „Die Generalsanierung ist wie ein Formel-1-Stop“, sagte Lars Lücking, Leiter Generalsanierung. „Alles muss gleichzeitig passieren.“ Damit die 183 Kilometer lange Strecke 2029 saniert werde könnte, müsse die Finanzierung schnell kommen.

Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) war etwas verspätet in Groß Hehlen eingetroffen, nahm sich aber die Zeit mehrere der etwa 200 Demonstranten per Handschlag zu begrüßen und zu den Vertretern der Bürgerinitiativen zu sprechen. „Es ist erschreckend, wo wir stehen“, sagte Lies mit Blick auf die Vereinbarung des Dialogforums Schiene Nord im Jahr 2015. Aber es gehe jetzt darum, an Lösungen zu arbeiten, die realisierbar seien. Er forderte ein Ende der Verhinderungspolitik und dass die Zeit sinnvoll genutzt werden solle, um das abgestimmte Alpha E umzusetzen.

„Die Menschen brauchen einen klaren Fahrplan“, sagte der Minister dann im Saal beim Statustreffen. Klar sei die Aufgabe: Alpha E umsetzen. Eine Neubaustrecke sei über Jahrzehnte nicht umsetzbar. Man müsse daher aufhören, diese Dinge zu vergleichen. Es brauche eine Gesamtplanung der Strecke und eine schnellstmögliche Umsetzung von Alpha E. Bahn, Bund und Land müssten daher schriftlich vereinbaren, was bei der Generalsanierung umgesetzt werde. „Auf Worte kann man sich nicht mehr verlassen“, stellte Lies klar. Auch müsse man schriftlich vereinbaren, wie es nach der Generalsanierung weitergehe. Auf Nachfrage von Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne), ob nicht endlich der Variantenvergleich offen gelegt werden müsse, damit faktenbasiert diskutiert werden könne, stellte der Minister klar: „Es gibt keine Varianten, über die wir diskutieren können.“ Man müsse Alpha E umsetzen und dann mit der Verkehrsprognose 2040 bewerten, ob die Kapazitäten ausreichen.

Lies forderte zudem ein neues Fahrplangutachten für den Deutschlandtakt. „Alle sind für einen Deutschlandtakt“, so der Minister. „Aber wir sind nicht für den Deutschlandtakt aus dem dritten Entwurf.“ Es gehe darum, realistisch zu planen – mit Blick auf die Haushalte und durch Sanierung im Bestand. Der Verkehrsminister wandte sich auch an die Bundestagsabgeordneten, die das Treffen in Berlin über einen Internet-Stream verfolgen konnten. Im Bundestag könne man erst eine Entscheidung bezüglich Neubau treffen, wenn alles abgearbeitet, also Alpha E umgesetzt sei.

Aus Berlin meldete sich auch der Celler Bundestagsabgeordnete Henning Otte (CDU) zu Wort. Es sei gut, wenn bei der anstehenden Generalsanierung so viel wie möglich umgesetzt werde, um die Kapazitäten zwischen Hamburg und Hannover zu erweitern. Nicht hinnehmbar sei jedoch, bereits jetzt über möglicherweise erforderliche, weitere Maßnahmen zu spekulieren und diese vor der Umsetzung der Ausbaumaßnahmen voranzutreiben. Dieses zweigleisige Verfahren lehne er ab.

„Da die Neubaustrecke zumindest über Jahrzehnte nicht kommen wird, muss die historische Chance genutzt werden, mit der Generalsanierung so viel wie möglich an Verbesserungen zu erreichen oder zumindest vorzubereiten“, sagte Peter Dörsam, Sprecher des Projektbeirates. „Da gehört das dritte Gleis zwischen Uelzen und Lüneburg definitiv dazu.“ Die 64er-Liste könne daher nur der Anfang sein.

„Es gibt keine Varianten, über die wir diskutieren können.“

Olaf Lies (SPD) Verkehrsminister


Quellenangabe: Cellesche Zeitung vom 16.12.2023, Seite 15